Im Mai 2015 war die Expo Mailand 2015. Diese Stand unter dem Motto „Den Planeten ernähren“. Es ging also um die Versorgung der Menschheit mit Nahrung – und was das Thema für die Zukunft der Menschen bedeutet. Hier ein Rückblick.
Ein neuartiges Konzept bei der Expo 2015 sind die sogenannten „Clusterpräsentationen“, die als „thematischer Pfad“ entworfen wurden. Erzählt werden die Geschichten der Lebensmittel Kaffee, Schokolade und Reis.
Welcher Genießer – und vor allem welcher Risolier (*gg) – könnte hier der Verlockung eines Besuchs widerstehen? Ein eigener Reis-Cluster – wow, welche Chance: Ich rieche den Duft fein gekochter Reis-Spezialitäten, sehe das Lachen von glücklichen, unabhängigen Reisbauern und entdecke neue, seltene Körner, die uns die Erde in ihrem unendlichen Reichtum zu bieten hat.
Und tatsächlich: Beim Betreten der Cluster-Welt findet man sich unweigerlich in einem grasgrünen Reisfeld wieder. Die kleinen Pflänzchen tragen zwar noch keine Körner, doch sie lassen den Besucher erahnen, welch erhabene Schönheit von einem Reisfeld in freier Natur ausgehen kann.
Eine schlau konstruierte Spiegel-Installation vervielfältigt nicht nur die grüne Bodenlandschaft in überragender Höhe, sondern setzt auch die Besucher doppelt und dreifach im Spiegelbild in Szene. Kein Wunder, dass bei diesem Reis-Spiegelkabinett so manches Smartphone gezückt wird, um den überraschenden Effekt festzuhalten.
Wer jedoch rund um dieses beeindruckende Spektakel hofft, mehr über die Vielfalt des Reiskorns zu erfahren, wird herbe enttäuscht.
Lieblos zusammengestellte Schautafeln an den Hinterseiten einzelner Länder-Pavillions erinnern optisch an Schulbuch-Darstellungen aus den 80er Jahren – die inhaltliche Darstellung der Themen Wasserwirtschaft oder Reisanbau wirkt entsprechend spröde.
Eine kontroverse, spannende Auseinandersetzung mit dem Reiskorn findet auf der Expo nicht statt. Die kulturelle, politische und wirtschaftliche Bedeutung des Lebensmittels Reis, von dem sich die Großzahl der Menschheit ernährt, wird ebenso wenig spür- und erlebbar gemacht wie der Sortenreichtum und die weite Bandbreite jener Produkte, die aus Reis weltweit gewonnen werden.
Zwischen Espresso- und Hot-Dog-Ständen sucht man typische Reisgerichte wie Paella oder Risotto leider vergeblich. So geht die ansich schöne Idee einer kreativen Reiswelt auf dem Rummelplatz zwischen zahllosen Bus-Touristen leider unter.
Der enttäuschte Risolier trappt weiter Richtung Schoko-Cluster und tröstet sich mit einer Kugel Schokolade-Eis aus Ecuador. Doch Hoffnung ist in Sicht: Zwischen China und den USA verlockt der „Supermarkt der Zukunft. Wird es dort Risotto in Tablettenform geben oder Reismehl-Moringa-Pizza?
Um die elegant dekorierte graue Halle zu betreten, müssen mehrere Treppen erklommen werden: Im Inneren des „Zukunftstempels“ beeindruckt dann vor allem das klare, aber sehr kalte Design. Hersteller von Touch-Screens werden jubeln – denn über nahezu jedem Produkt befindet sich ein Screen, der ausführlich über das Dargebotene informiert. Dies wäre jedoch gar nicht nötig, denn geboten wird definitiv nichts, was nicht bereits heute in jedem gutsortierten Supermarkt erhältlich ist. Zwischen bewährten Oetker-Backmischungen und Barilla-Nudeln dienen stylische Gläser, mit Getreidekörnern gefüllt, als Deko-Elemente. Ähnlich das Personal – denn auch dieses scheint hier eher „Dekorations-Charakter“ zu haben:
In naher Zukunft wird „Tante Emma“ ihren Job jedenfalls aufgeben müssen – außer sie verfügt über stahlharte Greifarme und lässt sich willig programmieren: Inmitten von genormten und polierten Obst-Produkten platziert ein polypenartiger Roboter einen Apfel von A nach B.
Der Kassenbereich – vollautomatisiert und vom Kunden selbst zu bedienen – rundet das Bild letztendlich ab: Die Zukunft des Supermarktes ist robotergesteuert und monoton.
Nach diesem finalen Eindruck bleibt nur eine Frage offen: Warum sollte man die Weltausstellung 2015 eigentlich überhaupt besuchen?
Die Expo zeigt sich als eine universelle Ausstellung mit globalen Präsentationen – und genau diese Vielfalt macht sie so besonders. Es geht nicht um eine tiefreichende Auseinandersetzung, sondern viel mehr um Spaß und Entdecken. All jene, die Freizeit-Parks wie z.B. Disneyland mögen, werden bei der Expo einen abwechslungsreichen und unterhaltenden Tag erleben – und dank des Gourmetlandes Italien auch so manche Leckereien zum Verkosten finden. Foodies und Nahrungsmittel-Experten sollten jedoch besser im Pavé in der Via Felice Casati 27 einen Kaffee nehmen…